Das allererste Mal ...
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Vorstände und Mitglieder des Evangelischen Schulvereins,
liebe Kollegen,
liebe Eltern, Familien und Freunde,
und … nicht zu vergessen, liebe Absolventen unserer Schule.
Das ist heute das erste Mal, dass ich das so sagen kann … liebe Absolventen unserer Schule.
Ich muss an dieser Stelle ergänzen, es fühlt sich richtig gut an.
In der Vorbereitung auf diese Rede habe ich mir einige Gedanken darüber gemacht, welches sprachliche Bild, welcher Vergleich am geeignetsten wäre, das erste Mal Absolventen zu verabschieden.
Nun bin ich Geschichtslehrer und mir fiel zum einen Ferdinand Magellan ein.
Er erforschte 1519/20/21 im Auftrag der spanischen Krone die Welt - und gilt als erster Weltumsegler.
… das erste Mal …
Welche Eigenschaften ermöglichten Magellan diese bahnbrechende Reise?
Er war hartnäckig, sehr zielstrebig und hatte sich ein überdurchschnittlich hohes Wissen angeeignet. Außerdem, aber das gehörte im 16. Jahrhundert ohnehin zu einer guten Bildung, wird von großer Frömmigkeit berichtet - anders als andere Seefahrer seiner Zeit, interessierte er sich aber für andere Kulturen, lehnte Grausamkeiten gegen Fremde strikt ab und erreichte die selbstverständliche Christianisierung neu entdeckter Gebiete und Völker zumeist auf friedliche Weise.
Ich finde in dieser Beschreibung durchaus auch Eigenschaften unserer ersten Absolventen - ihr habt gelernt, zielstrebig zu arbeiten und Konflikte friedlich zu lösen. Ihr schaut auch über den Tellerrand hinaus, interessiert euch und - wir sind und bleiben eine evangelische Schule - Jesus Christus steht bei all dem als erstes in der Mitte.
Ein weiteres Beispiel aus der Geschichte? Diesmal vielleicht nicht ganz so weit zurück … und Englisch als mein zweites Fach könnte eigentlich auch mal eine Rolle spielen.
Kennen Sie Neil Armstrong und Buzz Aldrin?
Richtig. Die beiden Amerikaner landeten am 21. Juli 1969 mit der Apollo 11 auf dem Mond. Die erste bemannte Mondmission war erfolgreich. Das erste Mal setzte der Mensch - es war Neil Armstrong - seinen Fuß auf einen fremden Planeten.
Seine ersten Worte während des Spaziergangs sind ebenso in die Geschichte eingegangen.
„one small step for man… one… giant leap for mankind“
Dass er dabei den unbestimmten Artikel „a“ weggelassen und damit die Bedeutung des natürlich vorbereiteten Satzes grundlegend verändert und sogar sinnbefreit hat, ist im Schatten der Wichtigkeit dieses Ereignisses so gut wie in Vergessenheit geraten.
Was zeigt uns das? Bei aller Vorbereitung, bei aller Planung, bei allem Engagement - es kann immer mal etwas schief gehen, so lange die Landung am Ende stimmt
und wenn ich mir unsere Absolventen so ansehe, dann war es wirklich ein giant leap, ein riesiger Sprung.
Buzz Aldrin, den zweiten Menschen auf dem Mond, habe ich im Übrigen nicht vergessen.
In der Weltöffentlichkeit spielte er immer eine Nebenrolle und dennoch war er der Erste. Der erste Mensch nämlich, der auf dem Mond das heilige Abendmahl feierte. Jesus Christus in Mitten der ganzen Raumfahrttechnik und auf einem fremden Planeten - man muss eben seine Prioritäten kennen und verfolgen.
Nun aber raus aus der Weltgeschichte und hinein in unsere ersten Male.
Es sind unsere ersten Absolventen und dafür waren so einige Premieren notwendig.
Sie kennen viele der ersten Male an unserer Schule und haben sicher fast alle selbst miterlebt. Daher möchte ich hier nur kurz aufzählen und Sie einladen die Details und die Erinnerungen daran einfach im Laufe des Abends miteinander zu teilen.
Das erste Mal Beten für eine Schule für unsere Kinder, eine Schule die mehr sein kann als reine Wissensvermittlung, eine Schule an der der Schüler nicht in der Masse untergehen muss und kann.
Das erste Mal Unterstützer finden, die helfen können. Wir bauen eine Schule - bauen Sie mit.
Wieviele Bauarbeiten waren nur gemeinsam möglich, wieviele leckere Kuchen wurden gebacken, wie oft hat man zusammen in der Gemeinschaft mehr geschafft als es allein jemals möglich gewesen wäre.
Das erste Mal die Genehmigung der Staatsbehörde zur Eröffnung der Schule - wohl gemerkt am Freitag vor dem ersten Schuljahresanfangsgottesdienst 2010 - Gott hilft spätestens rechtzeitig.
Dann konnte es aber los gehen, das erste Schuljahr, zusammenfinden in einer neuen Klassengemeinschaft. Da war die Aufregung vor dem ersten Schultag sicher nicht die einzige spannende Situation.
Es kommt Bewegung in die Geschichte, neue Lehrer, neue Fächer, erste Exkursionen und Klassenfahrten, neue Klassenkameraden, erste Abschiede, die ersten Liebeleien, neue Regeln, neue Hürden, neue Schulleitung, erste Gedanken an die Prüfung (bei dem einen eher, bei dem anderen später), neue Termine, die erste große Liebe, die erste Abschlussfahrt, die ersten Prüfungen - stets (und gefühlt ständig) neue Aufgaben an denen es zu wachsen galt.
Über die Jahre hat sich einiges verändert und - wenn man unsere ersten Absolventen heute hier sitzen sieht - dann waren viele der Veränderungen recht erfolgreich.
Für mich persönlich waren, und auch das wissen Sie, ebenso einige erste Male dabei und ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, mich von Herzen für das entgegengebrachte Vertrauen, das eine oder andere zugedrückte Auge („der ist ja noch ganz neu …“), die vielen helfenden Hände und die wertvollen Gespräche zu bedanken.
Ihr lieben ersten Absolventen, meine lieben 10er,
nach all den ersten Malen eurer Schulzeit geht nun ein neuer Lebensabschnitt los. Ihr werdet erstmals in eine Ausbildung gehen oder eine neue Schule besuchen. Die erste eigene Wohnung und das erste eigens verdiente Geld werden nicht lange auf sich warten lassen.
Ich wünsche euch, dass ihr die vielen ersten Male die noch auf euch zukommen, mit den Fähigkeiten und dem Wissen, welches ihr an unserer Schule erworben habt, mutig angehen könnt.
Ich wünsche euch, dass erste Probleme zu ersten Lösungen führen
… und, dass diese häufiger bereits die richtigen sind.
Ich wünsche euch, dass ihr gerne nicht nur auf die ersten Male eurer Schulzeit zurück blickt und nun als im Verstand und hoffentlich auch im Glauben gefestigte Menschen mit Herz und Hand das nutzt, was wir versucht haben, euch mitzugeben.
Ich weiß, was ihr könnt, was in euch steckt. Habt Vertrauen in euch selbst, kennt eure Schwächen und nutzt eure vielen Stärken - ihr seid nicht nur die ersten Absolventen unserer Schule. Ihr seid auch - im wahrsten Sinne des Wortes - einfach prima.
Vielen Dank.
Toni Kretzschmar
- Schulleiter -